Gehören Sie auch zu den Menschen, die beim Anblick einer Spinne sofort zum Besen greifen oder das Weite suchen? Dann sollten Sie es sich mit der Dachbegrünung noch einmal überlegen – oder damit anfangen, sich mit der Lebensgemeinschaft von Spinnen, Mücken, Schmetterlingen und Fliegen zu arrangieren.
Viele Menschen wünschen sich mehr Grün in der Stadt – vor allem auf tristen grauen Dächern. Tatsächlich liegen blühende Dächer gewaltig im Trend. Das ist sehr löblich, denn schließlich entzieht der Mensch der Natur immer mehr Grünflächen, verbaut und versiegelt sie. Die Dachbegrünung gibt der Natur zumindest ein wenig davon zurück.
Gerade innerstädtisch sieht man inzwischen viele Pflanzen, Sträucher und Stauden auf Dächern – und natürlich auch Insekten, die auch sonst nur in Gärten zu finden sind. Die Angst vor einer Insekteninvasion ist jedoch völlig unbegründet, denn diese Lebensgemeinschaft reguliert sich selbst: Spinnen fangen Mücken und Fliegen, Vögel fressen Spinnen und Blattläuse – ein ganz natürlicher Lebenszyklus eben. Haben Sie sich erst einmal daran gewöhnt, dass auf ihrem Dach viele kleinere und größere Insekten eine neue Heimat gefunden haben, werden Sie die „grüne Mütze“ auf dem Dach nicht mehr missen wollen.
Begrünte Dächer sehen nicht nur gut aus, sie haben gleichzeitig alle ökologischen Vorteile: Wasserrückgewinnung, Staubbindung und ein verbessertes Klima. Hinzu kommt, dass eine zweite „Dachhaut“ in Form einer begrünten Fläche das eigentliche Dach vor Wind, Wetter, Hitze, Frost und UV-Strahlen schützt. Die darunter liegenden Räume werden auf natürliche Weise temperiert. Außerdem mindert das grüne Dach die Ausbreitung von Lärm und hilft Energie sparen, weil es im Winter das Haus warm hält. Wären alle Flachdächer begrünt, läge die Sommertemperatur in Großstädten, um einige Grade niedriger. Noch beeindruckender sind die Effekte, wo, wie in Teilen Skandinaviens, nicht nur Flachdächer, sondern, teilweise seit Jahrhunderten, auch Dachschrägen begrünt werden.
Alle Arbeiten für eine Dachbegrünung müssen gut überlegt und geplant werden. Denn Fehler oder unüberlegte Billiglösungen kosten in der Regel mehr, als die Einsparungen bringen. Auf der Grundlage von Objektinformationen planen ausgewiesene Fachleute die Dachabdichtung und -begrünung. Vom Aufbau bis zur Auswahl der Pflanzen. Denn Jahresniederschlagsmengen, Substrathöhen, Dachausrichtung und Lichtverhältnisse haben einen erheblichen Einfluss auf die Vegetation der Dachbegrünung. So bieten vor allem Dachkräuter in unterschiedlichen Wuchshöhen und Blütenfarben ein abwechslungsreiches Bild und sorgen für ein gutes Klima. Ob Sedumteppich oder Immergrünchen, die Vielfalt der infrage kommenden Pflanzen ist groß.
Wer jetzt immer noch zögert, wird sich dem folgenden Argument nicht verschließen: Bepflanzte Dächer brauchen keine ständige Pflege. Es genügt, einmal pro Jahr das Dach zu überprüfen, zu groß gewordene Gewächse zu entfernen und die Dachfenster freizuschneiden - damit Spinnen, Blattläuse & Co. auf dem Dach bleiben und nicht ins Haus kommen.
Bund und Länder fördern vor allem die Wärmeisolierung von Gebäuden, um Heizenergie einzusparen. Finanziell profitieren und gleichzeitig dem Stadtklima etwas Gutes tun kann man aber eben auch, wenn Wände und Dächer begrünt und natürliche Böden freigelegt werden. Der Umfang der Förderung ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich.
Begrünte Flach- oder Schrägdächer sind Balsam für die Seele und strahlen weit mehr Lebendigkeit aus als mit Kies oder Teerpappe gedeckte Betondächer. Vielleicht gelingt es Ihnen sogar, Ihren persönlichen Zoo zu gründen. Auf dem Ökodach der Stadtwerke Kiel etwa leben schon mehrere Vogelarten: Seit einigen Jahren brütet dort ein Kiebitz, daneben haben sich Haubenlerchen und Enten eingenistet.