Wie Handwerksbetriebe zum Stromerzeuger werden

Wie Handwerksbetriebe zum Stromerzeuger werden

Mittwoch, 12. April 2017
Strom erzeugen

Der eigene Strom! Es fühlt sich nicht nur gut an, wenn die Sonne scheint und die Photovoltaik-Anlage (PV) auf dem Dach Energie für den Betrieb liefert. Es zahlt sich auch in barer Münze aus. Jedes Unternehmen kann selbst zum Energie-Erzeuger werden. Aber wo und wie fängt man an? Welche Anlage ist die richtige? Es gibt keine einfachen Antworten, aber klare Worte von Cornelius Schmidt vom Verein BAYERNenergie, dem rund 400 unabhängige Berater angehören. Wir haben uns für den zweiten Teil unserer Serie „Prosumer“ (= Stromkonsument und -produzent in Einem) mit ihm unterhalten, wie Betriebe am besten vorgehen sollten.

E.VITA: Wann lohnt es sich für einen Handwerksbetrieb, selbst Strom zu produzieren?

Cornelius Schmidt: Zunächst sollte man eine Energieberatung speziell für den Mittelstand durchführen lassen. Ein Großteil der Kosten erstattet das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die Fördersumme hängt vom Energiebedarf des Betriebes ab. Wer mehr als 10.000 Euro für Benzin, Strom, Öl pro Jahr bezahlt, erhält für die Beratung einen Zuschuss bis maximal 8.000 Euro. Wer darunter liegt bekommt 1.200 Euro. Informationen zur Antragstellung gibt es auf der BAFA-Homepage. Auf Basis der Analyse kann man dann die geeignete Anlage planen.

„Zunächst sollte man eine Energieberatung speziell für den Mittelstand durchführen lassen.“
Cornelius Schmidt, Energieberater, BayernEnergie e.V.

E.VITA: Können Sie uns Beispiele nennen?

Cornelius Schmidt: Typischer Kandidat für ein Blockheizkraftwerk (BHKW) ist ein Metzger. Er benötigt in der Produktion viel warmes Wasser, auf der anderen Seite muss er seine Ware 365 Tage im Jahr kühlen. Auf Grundlage des jährlichen Energiebedarfs wird dann die Leistung der Anlage dimensioniert. Damit ein BHKW rentabel ist, sollte es rund 6.500 Stunden pro Jahr laufen. Der dabei produzierte Strom kostet rund 6 Cent pro Kilowattstunde, wenn man die Anlage auf zehn Jahre rechnet. Beim Energieversorger muss der Metzger etwa 19 Cent netto bezahlen. Auch beim Bäcker läuft es meist auf ein BHKW hinaus. Allenfalls lohnt sich dort noch der Einsatz eines Abgas- und Schwaden-Wärmetauschers. Damit kann man einen Großteil der ungenutzten Wärme, die durch den Schornstein abgeführt wird, zurückgewinnen.

E.VITA: Für wen lohnt sich eher eine PV-Anlage?

Cornelius Schmidt: Obwohl es mittlerweile auch Hackschnitzel-BHKW gibt, ist ein Schreiner mit einer PV-Anlage meist besser dran. Er hat in der Regel bereits eine Späneheizung, in der er seine Holzabfälle verbrennt, um seine Werkstatt und gegebenenfalls sein angrenzendes Wohnhaus mit Wärme zu versorgen. Bei der Planung einer PV-Anlage muss man genau wissen, wann die Maschinen des Schreiners am meisten Strom benötigen. Das ist meist am Morgen, wenn sie hochgefahren werden. Folglich wird seine PV-Anlage nach Möglichkeit nach Osten ausgerichtet, damit schon in den frühen Morgenstunden Eigenstrom zur Verfügung steht.

E.VITA: Alle Konzepte zielen darauf ab, möglichst viel Strom selbst zu verbrauchen?

Cornelius Schmidt: Ja, denn Anlagen, die den Strom zu 100 Prozent einspeisen, rentieren sich nicht mehr. Eine mit der
PV-Anlage erzeugte Kilowattstunde Strom kostet etwa 18 Cent. Für die Einspeisung erhalten Sie derzeit 12,2 Cent. Auch beim BHKW zahlt man nach diesem Prinzip drauf. Bei den oben beschriebenen Eigenstromanlagen ist die Lage derzeit so, dass der Betreiber verpflichtet ist, 70 Prozent der Energie selbst zu verbrauchen. Die restlichen 30 Prozent muss der Energieversorger abnehmen. Aber: Das gilt auch an einem Sonntag, wenn alle Maschinen stehen. Dann schaltet der Netzbetreiber alle Anlagen, die über 30 Prozent liefern, einfach ab.

E.VITA: Folglich kann es sinnvoll sein, über Akku-Lösungen nachzudenken.

Cornelius Schmidt: Ja, allerdings sollte der Batteriespeicher klein gehalten werden. Beim auf zehn Jahre gerechneten Akku kommt die Kilowattstunde auf zusätzliche 12 bis 18 Cent. Da können am Ende also Herstellungskosten von bis zu 36 Cent stehen. Es bietet sich aber an, die Batterien an einem Sonntag voll zu laden und dann gleich am Montag damit die Maschinen anzufahren beziehungsweise den Strom nachts zu nutzen.

E.VITA: Was kann man sonst mit überschüssigem Strom machen?

Cornelius Schmidt: Aktuell gibt es keine befriedigende Lösung, deswegen müssen die Anlagen ja genau auf jeden Betrieb angepasst werden. Es war mal ein Gesetz für 2018 geplant, wonach jeder die Möglichkeit haben sollte, seinen selbst erzeugten Strom an der Börse zu verkaufen. Aber das wird so schnell noch nichts, weil vor allem der rechtliche Rahmen fehlt. Sie können die Energie auch nicht einfach dem Nachbarn verkaufen. Dann würden Sie nämlich als Stromversorger auftreten und müssten gewährleisten, dass Sie 365 Tage im Jahr Energie liefern können.

Video oben: Video in 2-spaltigem Container 70/30
Video unten (alternativ): Video über gesamte Breite

E.VITA: Sie betonen immer wieder, wie wichtig es ist, für jeden Betrieb eine individuelle Lösung zu finden. Wie gehen Sie dabei vor?

Cornelius Schmidt: Ein der ersten und wichtigsten Schritte bei der Mittelstands-Energieberatung ist die Analyse des
Strombedarfs. In Unternehmen, die mehr als 100.000 Kilowattstunden pro Jahr verbrauchen, kann der Berater das sogenannte Lastgang-Profil zur Hand nehmen, das der betreffende Energieversorger einmal pro Jahr zur Verfügung stellt. Darin ist detailliert aufgeschlüsselt, wann wie viel Strom benötigt wurde. In Betrieben, die weniger verbrauchen, ermittelt der Berater die erforderlichen Daten mit eigenen Messungen, die sich in der Regel über zwei Wochen erstrecken und dann hochgerechnet werden auf ein ganzes Jahr. Es geht darum, genau zu analysieren, wann der Betrieb wieviel Energie verbraucht, wo seine Spitzen sind. Daraus kann der Berater ableiten, welche Anlage sich rentiert, wie sie dimensioniert sein muss.

E.VITA: Herr Schmidt, vielen Dank für dieses Gespräch.

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