Sie sind Gewerbetreibender und setzen in Ihrem Fuhrpark auf Dieselfahrzeuge? Gibt es überhaupt einen Grund, auf Elektroautos oder alternative Antriebe umzusteigen? Es gibt sogar viele gute Argumente, sagt Isabell Knüttgen, Pressesprecherin der e-mobil BW GmbH (Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie Baden-Württemberg). Im Interview mit E.VITA erklärt sie, warum sich der Umstieg nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht lohnt.
E.VITA: „e-mobil BW“ beschäftigt sich mit der Frage, wie Elektromobilität unseren und den Alltag von Unternehmen verändert. Dabei gelten Gewerbetreibende und Unternehmen, die auf das Thema setzen, immer noch als Exoten. Tut sich da wirklich schon etwas?
Isabell Knüttgen: Ja, auf jeden Fall. Gerade in den vergangenen Monaten merken wir, dass sich immer mehr Privatleute und Unternehmen damit beschäftigen. Und die Zeiten, als man als Elektromobilist als Exot galt, sind aus meiner Sicht schon längst passé. Die Rahmenbedingungen für den Einstieg ins CO2-freie Fahren haben sich deutlich verbessert. Das Netz an öffentlicher Ladeinfrastruktur ist dichter, das Fahrzeugangebot ist breiter geworden und nicht zuletzt der Umweltbonus setzt finanziell einen zusätzlichen Anreiz. 2017 kann durchaus den Tipping-Point in der Elektromobilität markieren.
E.VITA: Gerade Gewerbetreibende sind häufig Dienstleister und viel auf der Straße unterwegs. Sie brauchen zuverlässige Fahrzeuge mit großer Reichweite, setzen meist auf Dieselautos. Welche Argumente sprechen für Elektroautos und alternative Antriebe?
Isabell Knüttgen: Wer viel fährt, stößt auch viel Kohlendioxid aus. Deshalb kann es gerade für Vielfahrer ökologisch und ökonomisch sinnvoll sein, umzusteigen. Elektroautos haben niedrigere Betriebskosten als Autos mit Verbrennungsmotor. Je mehr man damit fährt, desto weniger fällt der aktuell noch höhere Anschaffungspreis ins Gewicht. Ich denke dabei zum Beispiel an den Handwerker, der pro Tag nicht mehr als 150 Kilometer zurücklegt und zwischendurch auch Gelegenheit hat, nachzuladen. Auch bei Pflegediensten, Pendlern, Taxis oder Paketdiensten haben E-Fahrzeuge sehr erfolgreich den Alltagstest bestanden. Für den klassischen Vertreter, der mehrere Hundert Kilometer am Tag fährt, ist wohl ein sparsamer Diesel neuester Generation noch die bessere Wahl. Aber generell lohnt es sich, die Fahrprofile genau anzuschauen. Auch Fahrzeugpooling statt fester Dienstfahrzeuge bietet die Chance, E-Fahrzeuge sinnvoll in einen Fuhrpark zu integrieren.
E.VITA: Welche Art von alternativen Antrieben sollte man ins Auge fassen, wenn man wechseln will?
Isabell Knüttgen: Da gibt es keine pauschale Antwort. Es kommt auf die Einsatzprofile und den Verwendungszweck an. Batterieelektrische- und Brennstoffzellen-Fahrzeuge haben gewisse Begrenzungen in der Reichweite. Wobei die zunehmenden Möglichkeiten zur Schnellladung bei Batteriefahrzeugen und ein immer besseres Infrastrukturnetz bei Brennstoffzellenautos diesen Nachteil teilweise kompensieren können. Wer sehr flexibel sein muss, trifft dann vielleicht mit einem Hybrid-Fahrzeug eher die richtige Wahl.
E.VITA: Mit welchen Anschaffungskosten für ein Elektroauto muss ein Unternehmer rechnen?
Isabell Knüttgen: Zurzeit liegen die Anschaffungskosten für ein Elektroauto noch über jenen für ein Auto mit Verbrennungsmotor. Aktuelle Aussagen von Automobilherstellern deuten darauf hin, dass sich die Preise in den kommenden Jahren angleichen könnten. Einen Überblick über die aktuelle Palette der verfügbaren E-Fahrzeuge gibt es auf der Website des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Für diese Modelle kann man dann auch den Umweltbonus beantragen.
E.VITA: Wie sieht es mit den Unterhaltskosten bei Elektroautos aus?
Isabell Knüttgen: Bei Elektroautos ist tendenziell mit geringeren Unterhaltskosten zu rechnen. Der Antriebsstrang umfasst weniger Teile, die verschleißen können, und Elektromotoren gelten als wenig wartungsintensiv.
E.VITA: Ist der Bau einer unternehmenseigenen Ladestation empfehlenswert? Wie hoch sind die Kosten?
Isabell Knüttgen: Die Lademöglichkeit am Arbeitsplatz wird als wichtiger Anreiz gesehen, um die Elektromobilität voranzubringen und einen echten Mehrwert für die Mitarbeiter zu schaffen. Bei günstigen Einstiegsmodellen ohne Vernetzung – einfachen Wallboxen - ist man schon mit einem mittleren dreistelligen Betrag dabei. Smarte Ladesäulen mit höheren Leistungen sind natürlich teurer. Mittlerweile hat der Gesetzgeber auch Rechtsicherheit geschaffen, sodass der Strom am Arbeitsplatz nicht als geldwerter Vorteil versteuert werden muss.
E.VITA: Wann ist der Punkt erreicht, bei dem ein Unternehmer mit einem Elektroauto Geld spart?
Isabell Knüttgen: Je nach Fahrzeug und Fahrleistung ist dieser Punkt unterschiedlich. Im Rahmen des Förderprogramms Schaufenster Elektromobilität ist ein Online-Rechner entwickelt worden, der sehr hilfreich sein kann. Er ermöglicht es, Vorteile eines Elektrofahrzeugs im Vergleich zum konventionellen Pkw in Bezug auf Kosten und Umweltbilanz rechnerisch zu ermitteln. Dabei lassen sich die Gesamtkosten, von Anschaffung über Nutzung bis hin zum Verkauf sowie die CO2-Bilanz anhand von praxisnahen Werten typischer Fahrzeuge vergleichen. Darüber hinaus können Nutzer zahlreiche individuelle Anpassungen vornehmen, beispielsweise hinsichtlich des persönlichen Kraftstoffverbrauchs oder der pro Jahr gefahrenen Kilometer. So kann man zum Beispiel ermitteln, dass mit der Anschaffung eines elektrischen Kleinwagens für den Stadtverkehr innerhalb von acht Jahren eine Ersparnis von rund 2.500 Euro und eine Einsparung von rund sieben Tonnen Kohlendioxid erzielt werden kann.
E.VITA: Gibt es Förderprogramme und Steuererleichterungen für Unternehmen, die auf alternative Antriebe setzen?
Isabell Knüttgen: Wer sich ein Elektroauto kauft, profitiert aktuell vom Umweltbonus. Dieser beträgt für reine Batterie-Elektrofahrzeuge und Brennstoffzellen-Fahrzeuge 4.000 Euro und für von außen aufladbare Plug-In Hybride 3.000 Euro. Dabei wird der Bonus jeweils zur Hälfte von Bund und Automobilherstellern bezahlt. Außerdem sind E-Fahrzeuge zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit.
E.VITA: Wie ist aktuelle Abdeckung mit Ladesäulen? Wie findet man die Säulen im Alltag?
Isabell Knüttgen: Beim wichtigen Thema Ladeinfrastruktur hat sich in den vergangenen Jahren erfreulicherweise sehr viel getan. Durch einheitliche Regelungen – unter anderem durch die Ladensäulenverordnung – wurde der Wildwuchs bezüglich Steckertypen oder vieler unterschiedlicher Bezahlmodelle eingedämmt und mehr Verbraucherfreundlichkeit geschaffen. Auch das Ladenetz ist dichter geworden und bereit für den kommenden Markthochlauf der Elektroautos. Zum Jahresende 2016 standen schon über 7400 öffentliche Ladepunkte zur Verfügung. Bedingt durch laufende Förderprogramme wird diese Zahl in diesem Jahr noch deutlich anwachsen. Allein der Bund stellt dafür 300 Millionen Euro zur Verfügung (E.VITA berichtete). Neben Apps von Fahrzeugherstellern, Ladesäulenbetreibern, Tankstellen oder Mobilitäts-Startups gibt es eine Vielzahl privater Webseiten und Apps, die den schnellsten Weg zum nächsten Ladepunkt weisen. Meistens finden Autofahrer dort auch eine Übersicht über Zugangsmöglichkeiten, Öffnungszeiten und Ladeanschlüsse des jeweiligen Ladepunkts. Hier eine Auswahl:
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